Fünf Tote nach Geiseldrama
in Karlsruhe: Ein Gerichtsvollzieher, zwei Begleiter und eine Frau
mussten am Mittwoch sterben, weil ein Mann die Zwangsräumung einer
Wohnung nicht hinnehmen wollte. Auch der Geiselnehmer selbst ist unter
den Toten. Die Opfer starben an Schussverletzungen, wie die Polizei
mitteilte.
Die
Staatsanwaltschaft geht von Mord in vier Fällen aus, der Leitende
Oberstaatsanwalt Spitz sprach in einer Pressekonferenz von einer
"regelrechten Hinrichtung der Opfer". Die bereitgestellte Bewaffnung und
das gesamte Verhalten während der Tat spreche für ein geplantes
Vorgehen des Täters. Trotz aller Bemühungen habe es für die Polizei
nichts zu retten gegeben.
"Der
Gerichtsvollzieher konnte mit dem schlimmen Verlauf zu keinem Zeitpunkt
rechnen", sagte Spitz. Der Täter sei zuvor nicht wegen Gewaltdelikten in
Erscheinung getreten.
Der Täter soll
den Gerichtsvollzieher mit den Begleitern kurz vor 9 Uhr in seine
Wohnung im Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses hereingelassen haben.
Kurz darauf fielen mehrere Schüsse.
Der Geiselnehmer
schoss dem Gerichtsvollzieher nach Angaben der Polizei erst zweimal in
den Oberschenkel. Dann musste der ebenfalls in Geiselhaft genommene
Schlüsseldienstmitarbeiter die anderen Opfer fesseln. Als er zu flüchten
versuchte, schoss der Täter mehrfach auf ihn.
Knapp dreistündige Geiselnahme
Nach knapp
dreistündiger Geiselnahme stürmte ein Spezialeinsatzkommando der Polizei
die Wohnung, nachdem die Polizisten Brandgeruch bemerkt hatten. Der
Täter hatte den Teppich in Brand gesetzt. In der Wohnung muss sich den
Beamten ein Bild des Schreckens geboten haben.
Eine
Verhandlungsgruppe hatte über Stunden versucht, Kontakt zu dem
Geiselnehmer herzustellen. Ob dies gelang, blieb zunächst unklar.
Unter den Geiseln war neben dem Gerichtsvollzieher und dem Schlosser auch der neue Wohnungsinhaber.
Ein
Polizeisprecher sagte auf einer Pressekonferenz, die Frau, die erst
später in der Wohnung entdeckt wurde, sei die Wohnungseigentümerin
gewesen. Der Täter war ihr Lebensgefährte und habe sich mit einem Schuss
in den Kopf aus einer Schrotflinte selbst gerichtet.
Zwei Geiseln tötete er mit einem Kopfschuss. Seine Lebensgefährtin starb durch einen Bauchschuss.
Der
Geiselnehmer war nach Polizeiangaben 53 Jahre alt, lebte zum Teil im
Elsass und war arbeitslos. Woher er die Waffen hatte, ist noch unklar.
Seine Partnerin, die Wohnungseigentümerin, war 55 Jahre alt. Der 47
Jahre alte Gerichtsvollzieher und der 33 Jahre alte Mitarbeiter des
Schlüsseldienstes hinterlassen Familien mit Kindern. Getötet wurde auch
der 49 Jahre alte neue Mieter, der später an der Tür klingelte.
Ein
überlebender Zeuge war anfangs bei dem blutigen Drama dabei. Er
beschrieb den Geiselnehmer als gewalttätig und sagte aus, der Mann habe
auch eine Handgranate bei sich gehabt. Die Polizei fand beim Täter ein
Schrotgewehr, ein Gewehr mit langem Magazin, zwei Pistolen und eine
Übungshandgranate. Zudem habe der Täter über reichlich Munition verfügt.
Damit hätte er sich eine lange Schießerei mit dem
Spezialeinsatzkommando liefern können, sagte ein Sprecher.
Wohngebiet weiträumig abgesperrt
Die Polizei
hatte den Tatort in dem Wohngebiet mit zwei Schulen und Kindergärten
weiträumig abgesperrt. Mehrere Häuserblocks in der Karlsruher Nordstadt
wurden evakuiert. Anwohner durften sicherheitshalber nicht in ihre
Häuser.
Bei der Polizei liefen die
Telefone heiß – unter anderem von Eltern, die sich um ihre Kinder
sorgten. "Wir bekommen viele besorgte Anrufe", sagte ein
Polizeisprecher. Mehrere Krankenwagen waren vor Ort, auch ein
Hubschrauber kreiste über dem Gelände.
Die ökumenisch
getragene Notfallseelsorge ist mit insgesamt sieben Kräften im Einsatz.
"Wir werden nun die Angehörigen betreuen, müssen Todesnachrichten
überbringen und bieten Gespräche an für die direkt und indirekt
Betroffenen", sagte der katholische Pastoralreferent Peter Bitsch.
Der
baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat mit
Bestürzung auf das Geiseldrama reagiert. "Die schreckliche Tat in
Karlsruhe hat mich zutiefst erschüttert", sagte der Grünen-Politiker am
Mittwoch in Stuttgart. In Gedanken sei er bei den Opfern. Sein tiefes
Mitgefühl gelte ihren Angehörigen. "Ganz Baden-Württemberg trauert mit
ihnen."
@Amun_Ra227